In einem Handbuch zur baukulturellen Bildung führt die Bundesstiftung Baukultur relevante Basisinformationen zusammen, nennt gute Praxisbeispiele und gibt konkrete Handlungsempfehlung.
"Nicht ganz einfach" sei es Lern- und Lehrorte voranzubringen, an Schulen Bildung zu verbreiten und politisch-strategisch zu verankern, erklärte Reiner Nagel bei der Präsentation des druckfrischen Handbuchs. Seine Formulierung ("nicht ganz einfach") hätte der Vorsitzende der Bundesstiftung Baukultur kaum treffender wählen können, schaut man sich die Wikipedia-Erklärung zur Stilfigur der Untertreibung an: Sie sei zum einen geeignet Inhalte abzuschwächen, zum anderen aber auch sie besonders hervorzuheben. Übersetzt auf die Belange der Baukulturvermittlung passt es in beiderlei Hinsicht - damit diejenigen, die am Thema dran sind, nicht den Mut verlieren, gleichzeitig aber klar wird: die Aufgabe ist eine riesige.
Professor Dr. Riklef Rambow, seit 20 Jahren an vorderster Front im Fachbereich Architekturvermittlung tätig, sieht die baukulturelle Bildung noch ziemlich am Anfang: Allenfalls ein oder zwei Hundertsel des Wegs habe man bislang erfolgreich hinter sich gebracht. Nicht nur Corona fordert einen langen Atem. Mit Sicherheit einen Meilenstein auf dieser Strecke stellt nun aber die neue Publikation dar. Sie fasst zum einen relevante Basisinformationen zusammen und liefert damit eine Bestandsaufnahme; zum anderen versammelt sie Beispiele als übertragbare und praxisnahe Inspirationsquelle; und schließlich gibt sie fünf konkrete Handlungsempfehlungen.
Unter der Fragestellung "Was ist baukulturelle Bildung?" wird die Vielschichtigkeit der Ansätze und Inhalte deutlich. Dazu gehören die bewusste Wahrnehmung und sinnliche Erfahrung von Räumen und Orten sowie die Entwicklung einer Sprachfähigkeit. Dazu gehört aber auch, dass Kinder und Jugendliche eine Aktionsfähigkeit erlangen um Architektur positiv zu gestalten und sie in Besitz zu nehmen. Der Schule als Lern- und Lebensort kommt ebenfalls eine eminent wichtige Rolle in der baukulturellen Bildung zu. Und auch den beruflichen Nachwuchs - das Handwerk wie die Planung - müssen die Verantwortlichen im Blick haben. Die Publikation macht deutlich, wie sehr die verschiedenen Elemente miteinander verwoben sind und sich gegenseitig bedingen.
Deutlich wird auch, dass die (nicht namentlich genannten) Autoren aus verschiedenen Fachbereichen stammen, was einen besonderen Charme des Handbuchs ausmacht. Der geforderte interdisziplinäre Ansatz für die baukulturelle Bildung ist dort bereits erfolgreich verwirklicht, womit es sich für eine breite Zielgruppe eignet: pädagogische Fach- und Lehrkräfte, Planende und Bauschaffende sowie alle Personen, die mehr über die Wirkungsweise und Vermittlung von Baukultur erfahren möchten. Die Projektleitung lag bei einer Erziehungswissenschaftlerin: Elfie Peitzsch.
In dem handlichen Band wird erklärt, wie die baukulturelle Bildung Kindern und Jugendlichen einen "ganzheitlichen Blick auf ihre Lebenswelt" ermöglicht. Unter den beispielhaften Herangehensweisen von Länderkammern werden auch diejenige der AKBW aufgeführt. Zu lesen ist: "Beispiele geben Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg. In diesen Ländern wird baukultureller Bildung eine besonders große Bedeutung eingeräumt, personell und finanziell." Konkret haben von der AKBW-Initiative Architektur macht Schule zwei Bausteine Platz in der Publikation gefunden: die jährlichen Netzwerkveranstaltungen für multiprofessionelle Architekturvermittlerinnen und -vermittler sowie die Fortbildungen speziell für Lehrerinnen und Lehrer. Beide Projektreihen sind auch auf unserer Internetseite ausführlich beschrieben www.akbw. de/baukultur/architektur-macht-schule.html, zu den Lehrerfortbildungen existiert ein Kurzfilm www.akbw.de/link/z8z
Auch das Engagement weiterer Institutionen wie dasjenige vom Stadtlabor Stuttgart sind in dem Buch aufgeführt. Darüber hinaus gibt es Einblick in baukulturelle Bildungsstrukturen im europäischen Ausland, in Frankreich, Finnland, Dänemark und der Schweiz. Das Ganze endet mit fünf konkreten Handlungsempfehlungen, die sich an die verschiedensten Akteure der Baukulturvermittlung richten, darunter "Praktiker baukultureller Bildung qualifizieren!" und "Baukultur partizipativ mit Kindern und Jugendlichen gestalten!" Diese Handlungsempfehlungen gilt es nun umzusetzen. Dann ist endlich ein gutes Stück auf dem "nicht einfachen" Weg zurückgelegt.
"Baukultur braucht Bildung! Handbuch zur baukulturellen Bildung" Hrsg. Bundesstiftung Baukultur, 120 Seiten. Die Publikation kann kostenfrei bestellt oder als PDF heruntergeladen werden: www.bundesstiftung-baukultur.de/publikationen/bestellen
Crash-Kurs Baukultur: Im Schuljahr 2020/21 bietet die Bundesstiftung in Berlin, Leipzig und Stuttgart 2,5-stündige Stadtführungen für Klassen und Kurse der Sekundarstufe II kostenfrei an: www.bundesstiftung-baukultur.de/crash-kurs