Am 15. November war das Netzwerk Architekturexport NAX erneut zu Gast in der Architektenkammer Baden-Württemberg in Stuttgart. Bei der Fortbildungsveranstaltung standen die Länder Iran und China im Fokus.
Präsident Markus Müller begrüßte die knapp 70 exportorientierten und -interessierten Teilnehmer und wies in seiner Ansprache darauf hin, dass Architekturdienstleistungen und -qualität „Made in Germany“ so gefragt seien wie nie zuvor und in naher Zukunft einen großen Entwicklungsmarkt darstellten, auch im Iran, und nach wie vor in China.
Nach der Vorstellung der aktuellen Aktivitäten des Netzwerks Architekturexport NAX in beiden Ländern widmeten sich die Impulsvorträge und Podiumsdiskussionen Fragen wie: Welche wirtschaftspolitische Flankierung gibt es beim Gang ins Ausland? Welche Marktzugangsmöglichkeiten sehen erfahrene Planer und die sie begleitende Wirtschaft? Wie gestaltet sich das interkulturelle Arbeiten? Welchen Herausforderungen muss man sich stellen, welche Hindernisse gibt es? Welche Erfahrungen werden beim Planen und Bauen in China bzw. im Iran gemacht?
Den Anfang machte ein Überblick über die gesamtwirtschaftliche und politische Lage im Iran durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg. In der Bauwirtschaft seien ab 2016/2017 Impulse zu erwarten, die sich zuerst in Investitionen im Bereich Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur zeigen könnten. Eine schwache Nachfrage gäbe es im Bereich der Wohnimmobilien. Deutsches Know-how sei besonders im Bereich von Spezial- und Prestigebauten (Krankenhäuser, Hotels), in der nachhaltigen Stadtentwicklung und zum Thema Energieeffizienz gefragt. Noch gäbe es einige wichtige Schwächen und Risiken. Es lohne sich jedoch, „am Ball zu bleiben“ und die Entwicklungen in den nächsten Monaten zu beobachten, da der Iran für deutsche Unternehmen einen großen Markt darstellen kann.
In weiteren Redebeiträgen wurde darauf hingewiesen, dass es für die Identität einer neuen, spezifisch iranischen Architektur wichtig sei, Tradition und Moderne zu verbinden. Man müsse realisieren, dass es in dem Land ein unterschiedliches Qualitätsverständnis gebe. Die bessere und nachhaltigere Ausbildung von Handwerkern sei essentiell. Neben der nötigen politischen und finanziellen Flankierung eines Markteintritts in den Iran seien Markterkundungsreisen ebenfalls ein Türöffner, der zu intensivem Austausch mit iranischen Kollegen führen könne.
Herausforderungen, denen sich (deutsche) Planer bei dem Entwurf und der Realisierung von Megacities in China stellen müssen, sind u.a. Bevölkerungszuwachs und nicht sesshafte Bevölkerung, Verkehrsüberlastung, soziale Balance, Sicherheit im öffentlichen Raum, Ökologie und Nachhaltigkeit. Eine Mischkonzeption (Verbindung von Tradition und Moderne) sei bei vielen Projekten möglich; mit Identität und Geschichte als Grundlage könne der städtische Raum von Newtown-Projekten neu interpretiert werden, was im Ansatz heute schon klappt.
Auch in China führt das Thema des unterschiedlichen Qualitätsverständnisses immer wieder zu Umdenkprozessen bzw. Problemen. Wichtig sei eine Balance aus europäischen Erfahrungen und den Bedürfnissen des jeweiligen Landes. Den positiven Aspekten des „Abenteuer Bauen in China“ stehen Probleme gegenüber, mit denen sich manche ausländische Büros in China konfrontiert sehen: Kampagnen gegen ausländische Architekturbüros, willkürliche Entscheidungsgewalt von Parteifunktionären, sich verändernde Ansprüche und unterschiedliches Qualitätsverständnis.
Ein weiteres Thema, das das Planen und Bauen in China nachhaltig beeinflusst, ist die gewaltige Binnenmigration, die die größte Veränderung und Entwicklung chinesischer Städte darstellt, noch im Januar zu sehen in einer Ausstellung im Haus der Architekten. Es entwickle sich in China ein gesundes Selbstbewusstsein, was auch unterstreiche, dass man sich – weder im Iran noch in China – auf dem immer noch guten Ruf des „Made in Germany“ ausruhen dürfe, sondern aktiv auf diese Änderungsprozesse eingehen müsse, um als deutsches Architekturbüro im ausländischen Wettbewerb weiter erfolgreich zu bleiben.
Auch Vertreter der NAX-Hauptpartner GEZE GmbH, AGC Interpane Deutschland GmbH und LANXESS Deutschland GmbH berichteten von ihren Strategien des Markteintritts in den Iran bzw. China.