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„Umdenken ist angesagt“, leitete Moderator und AKBW-Ehrenpräsident Wolfgang Riehle den Vortrag des prominenten Gastredners ein. „Umdenken, wenn wir unsere Lebensgrundlagen nicht selbst zerstören wollen.“ Werner Sobek ist bekanntlich einer der profiliertesten Protagonisten der erforderlichen Bauwende. In Abwandlung des bekannten Satzes von Mies van der Rohe „less is more“ propagierte Sobek in seinem Vortrag dann auch ein „less for more“ oder auch „build for more with less“, es war die Botschaft: Weniger ist mehr.
Wer am 12. Oktober 2023 im Königssaal einen ausführlichen Werkbericht mit vielen bunten Bildern erwartet hatte, wurde womöglich enttäuscht. Sobek zeigte nur wenige, dafür aber sehr unterschiedliche Projekte, an denen er beteiligt war: unter anderem den Testturm für Aufzüge in Rottweil mit einer textilen Fassade, den vollständig recyclebaren Altar für den Papstbesuch in Deutschland, den riesigen neuen internationalen Flughafen in Bangkok (der deutschen Energiesparrichtlinien folgt) und – sein Lieblingsprojekt – das neue Schwimmdock von Blohm und Voss in Hamburg.
Weit mehr Vortragszeit verwendete Sobek auf die wissenschaftliche Darstellung der Grundlagen und Auswirkungen der Klimakrise sowie der damit verbundenen Irrtümer. In der sogenannten ersten Welt entfielen auf jeden Menschen anteilig an der Gesamtmasse ca. 350 Tonnen Baustoff (in Deutschland sogar 450 Tonnen) – etwa je hälftig eingesetzt für Hochbau und Infrastruktur. Dem stünden in der „dritten Welt“ gerade einmal 75 Tonnen Baustoff pro Person gegenüber. Die Frage also: Was bedeutet es, wenn 6,6 Milliarden Menschen im sogenannten globalen Süden auch nur annähernd zu unserem Lebensstandard aufschließen wollen, mit Blick auf Wohnungen, Mobilität und die erforderliche Infrastruktur wie Straßen, Schulen, Krankenhäuser und Universitäten? Bei Anpassung an den deutschen Standard müssten weitere 2.000 Milliarden Tonnen Baustoff verbaut werden – das Doppelte der existierenden Welt! Und damit wäre kein Wachstum, sondern lediglich der Nachholbedarf gedeckt.
Die CO₂-Emissionen führten primär zu – weltweit sehr unterschiedlich verteilten – Temperaturerhöhungen, sekundär aber auch zu extremen weltweiten Ernteeinbrüchen, damit verbundenen Hungersnöten und Migrationsbewegungen sowie zum Auftauen der Permafrostböden. Kritisch zu sehen seien aber nicht nur die Emissionen, sondern auch der Verlust von weltweit ca. 15 bis 20 Prozent der Waldfläche in den vergangenen 30 Jahren. Dieser hat zu etwa einem Viertel der bisherigen Erwärmung von 1,2 °C beigetragen. Bauen mit Holz könne daher bei weitem nicht die Lösung unserer globalen Probleme sein, so Sobek, zumal nur etwa 30 Prozent des dem Wald entnommenen Holzes tatsächlich im Gebäude lande. Sobek plädierte stattdessen für konsequenten Leichtbau, verschnittfreie Vorfertigung und die Verwendung von Recyclaten. In seinen Bauten geht es Sobek dabei aber weniger um die Technik als vielmehr um die Schaffung von menschlicher Heimat und den angemessenen Umgang mit den Dingen. Nicht im Sinne einer Entsagungsästhetik sondern – wie er sagt – einer „fulminant gestalteten schönen Welt“. Nur diese werde von den Menschen auch akzeptiert und gepflegt. In der anschließenden Diskussion mit der Mannheimer Pfarrerin Ilka Sobottke und Judith Ottich, Heidelberger Mitbegründerin der „Architects for Future“, wurden weitere Aspekte wie die Notwendigkeit einer neuen Innovations- und Fehlerkultur oder auch von Sharingmodellen für Wohnraum (teilen statt neu bauen) angesprochen. Man war sich einig: Ein gesamtgesellschaftliches Umdenken tue Not. Diese Veränderungsprozesse einzuläuten, dafür gebe es bereits ein wunderbares Format, so Wolfgang Riehle zum Abschluss: die Heidelberger Schlossgespräche.