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„Gute Stadtarchitektur darf nicht eitel sein“, beschreibt Johannes Ernst von Steidle Architekten die Bedeutung der Anschlussfähigkeit von Architektur. Der gebürtige Baden-Badener hatte das Podium diesmal ganz für sich allein, da Dirk Landwehr kurzfristig absagen musste, und nutzte die Bühne für ein leidenschaftliches Plädoyer zum Thema "Bauen im Bestand".
Moderator Christian Holl ging in seiner Einführung auf das Leitthema des Abends ein: „Neu sehen, neu bewerten“. Es gehe um die „vorurteilsfreie Akzeptanz des Gebauten“. Dafür brauche es die Fähigkeit, im Alten die Chance auf Weiterentwicklung zu sehen. Dies sei die Basis dafür, den Bestand in all seinen Facetten zur Grundlage des Bauens zu machen.
Diesen Gedanken griff Johannes Ernst in seinem Vortrag auf. Die Weiterentwicklung des Bestands biete die Möglichkeit, ein Gebäude von der eigenen Geschichte zu befreien. Nicht mehr zwischen den verschiedenen Nutzungswelten zu unterscheiden, sondern diese zusammenbringen, sei dabei ein zentraler Gedanke. Hybride Gebäudetypen fungieren für den Lehrbeauftragten der TU Darmstadt daher als „Generator von Urbanität“. Am Beispiel der Quartiersplanung des Werksviertels in München führte der Architekt aus, was das bedeutet.
Es galt, die auf dem Areal vorhandenen Nutzungen zu respektieren und in einen größeren Rahmen zu transformieren. Das, so Johannes Ernst, biete die „Chance des Gleichzeitigen“: Das Zusammenspiel der verschiedenen Lebenswelten führt zu einem neuen Stadterlebnis, das ohne den Bestand, ohne die unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzer nicht möglich wäre. Ateliers und Werkstätten liegen vis-à-vis dem Großbüro einer Versicherung, Handwerk trifft auf Startups, neben dem Theater finden sich Wohnungslofts ... Dabei gelte es auch die unterschiedlichen Aggregatzustände der Gebäude im Quartier nicht nur auszuhalten, sondern gezielt zum Thema zu machen – damit zu spielen. So geschehen bei der auf dem Areal neu errichteten, noch von Otto Steidle selbst entworfenen Medienbrücke, die gestützt von zwei Pfeilern über dem Altbestand schwebt.
Um die Stadt auch in Zukunft lebenswert gestalten zu können, sei es essenziell in die Welt der Bauinvestoren vorzudringen. Hier seien die Stadtplanungsämter gefordert, so Johannes Ernst: „Kommunen haben durch das Baurecht den größten Schlüssel für die Stadtentwicklung in der Hand. Es gibt Schrauben, an denen man drehen kann.“ Eine Schraube, an der gedreht werden müsse, wolle man die Möglichkeiten des Bestands in Gänze nutzen, sei das Thema der Normen und Regulierungen. Und diese Schraube klemmt. „Der erhöhte Schallschutz ist der Killer jeder Vereinfachung beim Bauen. Wir sind am Ende immer wieder an dem Punkt, an dem alle Innovationen an den Gerichtsurteilen hängen. Die Regeln bis zum Ende durchzuexerzieren ist gegen jeden gesunden Menschenverstand. Weil es eigentlich um andere Qualitäten geht.“
Die nächsten Architekturgespräche finden am 7. Dezember statt. Zu Gast sind dann Lina Mentrup vom Architekturbüro Mentrup aus Kahla und Anton Mang von Und Mang Architektur aus München.