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Architektenkammer BW zur Debatte um modulare Interimsbauten für Wohnzweck.
Modulbauten auf nur temporär zur Verfügung stehenden Grundstücken haben seit 2015 erfolgreich zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beigetragen. Inzwischen wird diskutiert, ob man dieses Instrument nicht auch zur Schaffung des in Stuttgart dringend benötigten bezahlbaren Wohnraums nutzen sollte.
Die FÜNF Stuttgarter Kammergruppen innerhalb der Architektenkammer Baden-Württemberg sehen diesen Ansatz mit vielen Fragen behaftet – von der Kostenseite bis zur Nachhaltigkeit. Für bestimmte Anwendungsbereiche, etwa im Gewerbebau oder bei Kitaerweiterungen, seien Modulbauten ein interessantes und durchaus erfolgreiches Konzept, sind die Planungsexpertinnen und -experten überzeugt. Für den Wohnungsbau jedoch gelte dies nicht in gleichem Maße.
Architekt Thomas Herrmann, Sprecher der FÜNF, erläutert: „Im Wohnungsbau gibt es viele Spezialanforderungen und großen Individualisierungsbedarf, so dass sich der große Vorteil der Vorfabrikation, nämlich kostengünstiger in Serie produzierte Normelemente einzusetzen, stark relativiert. Dass Interims-Bauten in Modularbauweise in jedem Fall kostengünstiger seien, könne man aus fachlicher Sicht nicht bestätigen.
Ein Aspekt werde zudem vernachlässigt: Die Befristung der Modulbauten für Wohnzwecke auf zehn Jahre widerspreche dem Primat der Nachhaltigkeit. Wie gut sind die Bauten wirklich recycelbar? Können sie nach einigen Jahren andernorts – auseinandermontiert oder als ganze Einheit – weiterverwendet werden? Letztlich widerspreche dieser Ansatz auch baukulturellen Grundsätzen in der Stadtplanung: „Wohnen hat mit längerfristigem Planen, mit Stadtraum und Stadtgestaltung zu tun, mit Nachbarschaften und sozialem Gefüge, mit Identifikation und Heimat - all das wäre mit Interims- Wohnbauten wohl kaum zu erreichen.“ Die Grundstücke, die für Modulbauten in Frage kämen, würden außerdem blockiert für eine längerfristige, und damit nachhaltigere Entwicklung.
„Es tun sich viele Fragen auf“, resümiert Herrmann für die Stuttgarter Planerinnen und Planer der Architektenkammer, „aber für ambitionierte Experimente, etwa im Rahmen der IBA’27 und ihrer Festivals, eröffnet sich hier ein spannendes Themenfeld“.
Architekturinfo:
• Beim Modularen Bauen werden weitgehend vorgefertigte Bauteile verbaut, also nicht vor Ort auf der Baustelle. Als Vorteile gelten eine verkürzte Bauzeit und geringere Kosten durch Standardisierung und Serienfertigung. Schon in den 1920er Jahren wurde die Umsetzung etwa in der Stuttgarter Werkbundausstellung „DIE WOHNUNG“ (Weißenhofsiedlung) versucht.
• Architekten des „Neuen Bauens“ wie Bruno Taut verfolgten den Ansatz ebenfalls – so etwa bei der Hufeisensiedlung in Berlin-Neukölln, allerdings verband er serielles Entwerfen mit individueller Gestaltungsqualität. Unter den 679 Reihenhäusern gibt es 285 „Subtypen“. In den 1960er Jahren wurde der „Plattenbau“ weltweit zum wichtigsten Instrument der Wohnraumversorgung. Heute propagiert der Ingenieur und Planer Werner Sobek die Vorzüge der modularen Vorfertigung, etwa mit seinem kompakten B10-Aktivhaus.
• Das Institut für Wohnen und Entwerfen an der Universität Stuttgart hat die Langlebigkeit von Gebäuden untersucht: „Die größte Nachhaltigkeit bieten dauerhaft genutzte, langlebige Gebäude, selbst wenn sie eine größere energetische Anfangsinvestition erfordern.“ Die Bedingung: ein Gebäude müsse „schön“ sein.