Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Peter Oppenländer
Albert-Schweitzer-Straße 80/1-92/471034 Böblingen
Ausgangssituation und Kurzbeschreibung Die Stadt Böblingen hatte im Jahr 2018 einen dringenden Bedarf an Anschlussunterbringung für Geflüchtete und bat uns, in möglichst kurzer Zeit 26 Wohnungen zu realisieren. Entstanden ist ein kleines Quartier mit fünf zweigeschossigen Gebäuden, bestehend aus 26 Wohnmodulen, einem Technikmodul sowie einem Gemeinschafts- und Büromodul. Die Qualität der Architektur, der verwendeten Materialien und der Technik wurde so gewählt, dass sie möglichst lange und damit nachhaltig genutzt werden können – es sollte eben nicht die übliche Containerarchitektur mit kurzer Lebensdauer sein. Das Projekt verbindet moderne Holzmodulbauweise mit nach-haltiger Planung und passt sich flexibel den Anforderungen einer zeitgemäßen Wohnkultur an.
Städtebauliche und landschaftliche Einbindung, Quartiersgestaltung Die Architektur zeichnet sich durch eine durchdachte Modularität und die effiziente Nutzung des verfügbaren Raumes aus. Sie fügt sich in ihrer Dimensionierung angemessen in die Umgebung ein, versiegelt Flächen nur minimal neu und schafft – durch Ihre wertige Anmutung – eine behutsame Nutzung. Die Gebäude sind von Feldern umgeben und befinden sich auf einem Grundstück, das laut Bebauungsplan für Sportplätze vorgesehen ist und über eine Baugenehmigung für eine dreijährige Nutzung verfügt. Der Standort ist ideal für Familien mit Kindern, da er verkehrsgünstig liegt und sich in unmittelbarer Nähe Einkaufsmöglichkeiten sowie ein großer Spiel- und Bolzplatz befinden. Die gesamte Anlage ist barrierefrei zugänglich, da die Module abgesenkt installiert wurden.
Der vollständige Erhalt der vorhandenen Biotope trägt zur Wahrung der ökologischen Komponente der Nachhaltigkeit bei. Die Geländesituation wurde geschickt genutzt, um die Häuser leicht erhöht zueinander zu positionieren. Ein naturnahes Biotop dient gleichzeitig als Lärmschutzwall zur Autobahn und auch der notwendige Löschwassertank wurde mit Erde überdeckt und in die Landschaft integriert. Das Gelände ist mit naturnahen Grasmischungen und tiefwurzelnden Gründungspflanzen begrünt, was zur Bodenauflockerung beiträgt. Versickerungsfähige und teilweise begrünte Bodenbeläge sowie eine minimale Versiegelung ergänzen das nachhaltige Konzept.
Äußere Gestalt Die einfache Typologie der Häuser, kombiniert mit versetzten und interessanten Terrassenabstufungen, schafft eine städtebauliche Einheit. Die Gebäude gruppieren sich um einen zentralen gemeinsamen Hof, zu dem sich mehrere Terrassen, der Gemeinschaftsraum mit Bad und Küche sowie ein Spielplatz orientieren. Jede Familie hat direkten Zugang zum Außenraum, sei es zu den Außenanlagen oder den großzügigen Terrassen, welche einen freien Blick in die Landschaft bieten. Diese Anordnung schafft gute Möglichkeiten für gemeinschaftliche und integrativ wirkende Veranstaltungen und ermöglicht gleichzeitig individuelle Rückzugsorte. Durch das stimmige Material- und Farbkonzept, die stringente Formsprache und Linienführung wurde eine einprägsame und zugleich zeitlose Gestaltung geschaffen. Die Holzfassaden und begrünten Dächer fügen sich harmonisch in die umgebende Landschaft ein.
Schlichte Vordächer aus Metall, ökologisch verträgliche Linoleumböden und Fassaden aus naturbelassenem Lärchenholz prägen die ästhetische und funktionale Gestaltung. Formschöne, verzinkte Stahltreppen und Stege sowie eine zentrale, freistehende Briefkastenanlage ergänzen das Erscheinungsbild. Für Kinderwagen und Rollatoren wurden praktische Boxen aus pulverbeschichtetem Stahl installiert. Außerdem entstanden sieben Pkw-Stellplätze, 40 überdachte Fahrradstellplätze und ein Spielplatz mit Sandkasten und Schaukeln. Ein durchgängiges Farbkonzept aus Holzoberflächen, RAL 7016 und verzinktem Stahl verleiht der Anlage ein stimmiges und modernes Erscheinungsbild.
Konstruktion, Technik, Details, Ausführung Das Projekt nutzt die maximal mögliche Belegung Dachflächen mit Photovoltaikmodulen, um in Kombination mit Wärmepumpen eine nachhaltige Energieversorgung mit hohem Autonomiegrad zu erreichen. Die Bauweise entspricht dem KfW-55-Standard und verwendet eine feuerhemmende Holzständerbauweise mit Gipskapselung. Holzfenster und -türen sowie 280 PV-Module, 7 Wechselrichter und 2 Wärmepumpen mit je 40 kW Leistung sind verbaut. Zwei große Pufferspeicher im zentralen Technikraum und dezentrale Lüftungsanlagen mit versteckten Lufteinlässen in den Fassaden sorgen für eine effiziente und umweltfreundliche Energienutzung. Die Abluft wird über Lüfter in den Küchen und feuchtegesteuert in den Bädern abgeführt.
Raumprogramm, Innenraumgestaltung Die Wohnungen sind im Erdgeschoss als Dreizimmer- und im Obergeschoss als Zweizimmerwohnungen konzipiert. Alle Wohnungen verfügen über identische Bäder und wurden mit wenigen Typen realisiert, da die Grundrisse achsensymmetrisch sind. Alle Wohnungen sowie der Gemeinschaftsraum sind mit einer einfachen, aber funktionalen Küche ausgestattet, die den Technikschacht verdeckt, diesen bei Bedarf jedoch leicht zugänglich macht. Die effiziente Raumnutzung wird durch den mittigen Eingang im Küchenbereich optimiert.
Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, soziokulturell) Die Aktivhaus-Bauweise zeichnet sich durch ihre außergewöhnliche Nachhaltigkeit aus, die sowohl ökologische, ökonomische als auch soziokulturelle Aspekte berücksichtigt. Durch die modulare Holzständerbauweise mit vorgefertigten Raummodulen lassen sich die Gebäude in Zukunft mit wenigen Schritten im Ganzen transportieren, an einem anderen Ort wieder aufstellen und mit minimalem Aufwand auf den neuesten technischen Stand bringen. Nach dem Ende der Nutzungszeit – die Module sind für mindestens 100 Jahre ausgelegt – ermöglichen die verwendeten Verbindungstechniken eine zerstörungsfreie sowie sortenreine Demontage, so dass 98 % der verwendeten Materialien wiederverwendet bzw. recycelt werden können. Dies leistet einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung von Bauschutt und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.
Ökonomisch bietet die Modulbaumethode durch den hohen Vorfertigungsgrad eine erhebliche Zeit- und Kosteneffizienz, da Projekte schnell realisiert werden können und Kosten durch definierte Fixpreise transparent und planbar sind. Durch die hohe gestalterische Qualität werden Aktivhäuser von ihren Bewohnenden besser angenommen und pfleglich behandelt, was zu einer deutlich längeren Haltbarkeit der Bauteile beiträgt. Soziokulturell fördert die flexible Nutzbarkeit der Module die Anpassungsfähigkeit an verschiedene Wohnbedürfnisse, was inklusiven, barrierefreien Wohnraum schafft. Durch diese nachhaltige Bauweise tragen Aktivhäuser entscheidend zu einer umweltfreundlichen, wirtschaftlich effizienten und sozial verträglichen Wohnraumgestaltung bei.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.