Online-Fachtagung am 19. November 2020 mit Umweltminister Untersteller und Umweltakademie
"Einfaches Bauen = nachhaltiges Bauen?" Diese Fragestellung thematisierte eine als Fortbildung anerkannte gemeinsame Online-Veranstaltung von Umweltministerium BW, Umweltakademie und Architektenkammer BW. Minister Franz Untersteller (Grüne) dankte "für das große Engagement der Architektenkammer" und verwies im Grußwort auf Landesbeschlüsse wie das Klimaschutzziel von 42 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030 sowie das neue Klimaschutzgesetz. Darin wurden u.a. auch im neuen Paragraf 7a die "Grundsätze des nachhaltigen Bauens in Förderprogrammen" festgelegt. Im Wortlaut: "Die Förderprogramme des Landes für den kommunalen Hochbau sollen den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen. Darüber hinaus sollen die Förderprogramme des Landes für den Hochbau, die Nichtwohngebäude zum Gegenstand haben, den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens grundsätzlich Rechnung tragen. Bei den Förderprogrammen nach Satz 1 und 2 ist für die Förderung Mindestvoraussetzung, dass die Prüfung der Grundsätze des nachhaltigen Bauens durch die Antragsteller nachgewiesen wird. Das Nähere wird durch die Förderrichtlinien geregelt."
"Mit dieser neuen Regelung stärken wir die Auseinandersetzung der Bauherren mit dem nachhaltigen Bauen", so Untersteller in seinem Grußwort. Um das Bewusstsein für nachhaltiges Bauen für die am Bau Beteiligten zu erhöhen, habe das Umweltministerium Baden-Württemberg bereits 2014 mit den Nachhaltigkeitskriterien und dem Internetportal "NBBW - Nachhaltiges Bauen in Baden-Württemberg" ein Planungswerkzeug geschaffen, welches auch die Prozesse der Planung optimieren könne. Minister Untersteller kritisierte u.a. "kurzsichtige Formulierungen bei der Ausschreibung", die deutlicher nachhaltig adressiert sein könnten, Auch die Herangehensweise des Rechnungshofes, wegen kurzfristiger Einsparungen Bauausführungen zu priorisieren, sei zu hinterfragen: "Wir müssen manches Denken über Bord werfen angesichts der Herausforderung." Die öffentliche Hand sein gefragt, Vorbild für den privaten Sektor zu sein.
Kammer-Präsident Markus Müller unterstrich die Partnerschaft der AKBW: "Wir engagieren uns in Netzwerken, Initiativen, mit Konzepten, Fortbildungen und Fachtagungen wie diesen, um die ganzheitliche Sichtweise beim Planen und Bauen in die Breite zu bringen. Wir sind neben Forschungseinrichtungen Teil der vom Land mit 1,5 Millionen Euro geförderten BIPV-Initiative und in der Initiative Phase Nachhaltigkeit. Die Kopplung der Förderprogramme an Nachhaltigkeit ist hilfreich. Hilfreich wäre auch eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Zertifizierungen." Müller brachte die Innovationsklausel ins Spiel, Er wünsche sich Nachhaltigkeitskriterien als Standard, nicht als besondere Anforderung. "Es wird Zeit, Klimaschutzappelle und Sonntagsreden zu überwinden und Nachhaltigkeit als Alltagsthema zu betrachten.
Prof. Elisabeth Endres plädierte für mehr Miteinander: "Kein Versorgungsingenieur lernt, was Planer lernen. Die Kulturen sind völlig andere in der Ausbildung. Am Ende müssen wir aber uns verstehen und gemeinsam planen." Sie wünsche sich, dass die Standards kritisch hinterfragt würden.
Martin Ploss (Energieinstitut Vorarlberg) sähe es als großen Fortschritt an, die Lebenszyklusbetrachtung durchzusetzen. Berechnungen zeigten, dass bessere Qualitäten realisiert werden könnten - auch er sieht die öffentliche Hand in der Pflicht.
Volker Auch-Schwelk, Sachverständiger Nachhaltiges Bauen, Stuttgart, und Vorsitzender der Strategiegruppe Klima/Energie/Nachhaltigkeit, moderierte die insgesamt gut sechsstündige Fachtagung unterstrich: "Überall gibt es Arbeits- und Aufgabenteilung, auch im Gesetz, wir brauchen aber den kreativen Austausch und das Miteinander“.
Die Referenten:
Martin Ploss vom Energie-Institut Vorarlberg in Dornbirn
Prof. Elisabeth Endres, TU Braunschweiß, IB Hausladen, Kirchheim
Arne Steffen, werk.um Architekten, Darmstadt
Dr. Jörg Heiler, Heiler Geiger Architekten und Stadtplaner, Kempten
Patrick Braig, campus GmbH Bauten für Bildung und Spoprt, Reutlingen
Michael Speidel, Atrium Projektmanagement GmbH, Reutlingen
Anne Sick, Hochbauamt Karlsruhe
Johannes Straub, Hochbauamt Heilbronn
Screenshots von der Online-Tagung am 19. November 2020