ARCHIKON 2025: Plädoyer für klugen Pragmatismus in der Ressourcenwende auf größtem deutschen Architekturkongress – Architektenkammer Baden-Württemberg verzeichnet Teilnehmer-Rekord
Politisch regulieren, Anreize schaffen und vom deutschen Perfektionismus ablassen: Nur durch diesen Mix sei die Transformation im Bausektor zu bewältigen – so die Botschaft, mit der ARCHIKON, der größte Architekturkongress Deutschlands, startete. Mehr Mut zu zeigen, zog sich als Appell an die Politik wie ein roter Faden durch die Veranstaltung.
Rund 1.400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen auf die Stuttgarter Messe zur fünften Auflage des Branchentreffs mit dem Thema „Ressourcenwende: mit neuen Strategien planen“. In drei Plenen und insgesamt zwanzig Seminaren mit Fachvorträgen, in Lunch-Talks und Netzwerkgesprächen wurden die Aspekte der Ressourcenwende einen Tag lang vertieft. Keynotespeakerin Prof. Dr. Sandra Venghaus, Aachen, bekam breite Zustimmung für ihr Plädoyer, sich auf die „Suche nach der zweitbesten Lösung“ zu begeben mit „Strategien, die funktionieren.“
Venghaus belegte anhand einer Analyse von Bundestagsreden, wie sehr die Behandlung des Themas Ressourcenwende und Nachhaltigkeit politischen Konjunkturen unterworfen ist. Nicht nur der Duktus der Diskussionen – als Beispiel nannte sie die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz GEG und die Wärmepumpe –, sondern auch der Wandel in der politischen Gewichtung zwischen CO2-Reduktion, Energiesicherheit und Bezahlbarkeit mache einen „Transformationsprozess zu einem schwierigen Vorhaben“. Kammerpräsident Markus Müller, der Gastgeber des ARCHIKON, dankte für den „Proof der Objektivierung“ in Venghaus‘ Forschung. Seine Schlussfolgerung: „Demokratie hat mit Demut zu tun. Wir müssen Ideen auch mal durchtragen!“
Im ersten Plenum des Tages nannte der Präsident des baden-württembergischen Städtetags, Dr. Frank Mentrup, die Suche nach der zweitbesten Lösung einen „sehr charmanten Ansatz“. Seine Kommune bekomme den deutschen Perfektionismus regelmäßig von Partnern in Indien als nicht praktikabel gespiegelt. Mentrup nutzte das ARCHIKON-Auditorium für die Forderung nach anderen Fördermechanismen. Neuen Baustoffen, jungen Büros, innovativen Ideen würde es in Deutschland zu schwer gemacht, auf den Markt zu kommen. Gerade die öffentlichen Auftraggeber sollten zukunftsgerichtete, unkonventionelle Lösungen bündeln und vorantreiben.
„Wir verbrauchen nicht, wir verschmutzen“, so der Impuls von Prof. Dr. Anja Rosen, MSA Münster School of Architecture. Der Kampf um Rohstoffe habe zugenommen, werde aktuell sogar in „Deals“ zwischen Regierungen ausgehandelt, so Rosen. Man müsse wieder vom Ende her denken: „Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist die einzige Chance für eine friedliche Existenz der Menschheit.“
Schon vor dem Bauen planen, wie sich Materialien wieder- und weiterverwenden lassen – diese Forderung findet sich auch in dem Fünf-Punkte-Manifest von Prof. Florian Nagler. Sein Credo: „Mehr Dichte, mehr Höhe wagen“, auch auf dem Land; wenig Energie verbrauchen, mit dem Bestand arbeiten, einfach bauen. Die „Suche nach der zweitbesten Lösung“ sei ein kluger Satz, sagt Nagler. „Unser Optimierungswahn steht uns wahnsinnig im Weg.“